Zuckerbrot und Peitsche

Kurz zum so genannten Karottenprinzip: Was den European Accessibility Act (das BFSG, Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Deutschland) von bisherigen, den öffentlichen Sektor betreffenden Regelungen unterscheidet ist, vereinfacht gesagt, dass es potenziell Strafen bei Nichteinhaltung geben kann. Dass mögliche Strafzahlungen dazu führen können, dass Gesetze und ihre Absichten ernster genommen werden, hat 2018 die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gezeigt. Vorher gab es in Deutschland bereits das Bundesdatenschutzgesetz, das der DSVGO sehr ähnlich war – aber keine „Zähne” hatte und deswegen unter vielen Wahrnehmungsschwellen war.

Beim EAA/BFSG ist das, wie gesagt, anders. Wenn man nur oberflächlich recherchiert, begegnen einem bestimmt die Zahlen 10.000 € bis 100.000 €. Daraus kann möglicherweise rein buchhalterisch der Eindruck entstehen: "Ach, Wissens- und Fähigkeitsaufbau zur Barrierefreiheit ist noch teurer, legen wir es drauf an, notfalls zu zahlen".

Das Problem hierbei ist: diese Zahlen sind eventuell nur der Anfang von Strafmaßnahmen, die Marktüberwachungsbehörden aussprechen können. Zu den nächsten "Eskalationsstufen" gehört eine Einstellung einer Dienstleistung (z. B. eines Onlineshops, § 23 BFSG, Absatz 3). Oder sogar, wie es Irland scheinbar vormacht, eine Gefängnisstrafe.

Denn eine aktuelle irische Gesetzgebung von Ende 2023 brachte einige schwerwiegende Folgen für die Nichtbarrierefreiheit mit sich. Wenn Sie dort jemand vor Gericht bringt, was mit dem EAA einfacher wird, drohen Ihnen dort eine Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro oder sogar eine Gefängnisstrafe von bis zu 18 Monaten.

Soweit der Gesetzestext, und wir müssen EU-weit schauen, ob alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Dennoch kann man meines Erachtens nach schon von einem großen gesetzlichen Sprung sprechen, mit dem Ziel Barrierefreiheit endlich auf das Tableau zu bringen, auf das es gehört.

Der Begriff „Karottenprinzip“ stammt von der englischen Redewendung „Carrot and stick“, sinngemäß „Zuckerbrot und Peitsche“. Über diese Art der Motivation per Bestrafung zu reden, widerstrebt mir persönlich, aber es ist Teil der rechtlichen Realität.

Die Irland-Info stammt ursprünglich von Anna Malmberg von Funka, die hier auf LinkedIn noch weitere interessante Zitate zur Rechtssprechung teilt.

Ja, ich möchte über den Start von „E-Commerce barrierefrei“ informiert werden

Für den Versand unserer Newsletter nutze ich rapidmail. Mit Ihrer Anmeldung stimmen Sie zu, dass die eingegebenen Daten an rapidmail übermittelt werden. Beachten Sie bitte deren AGB und Datenschutzbestimmungen.