Das „Warum“ jenseits gesetzlicher Pflichten

Dass Online-Shops barrierefreier(er) werden müssen wird, beginnend mit 2025, zu einer rechtlichen Verpflichtung, Stichwort Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, BFSG. Aber sein E-Commerce-Projekt mit Barrierefreiheitsrichtlinien konform zu machen, hat neben der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften noch weitere Vorteile, um die es in diesem Artikel gehen soll:

Zugänglicher E-Commerce eröffnet neue Kundenschichten

Weltweit haben etwa ein Sechstel der Menschen eine wie auch immer geartete Behinderung 1 , sind somit unter Umständen auf zugängliche Lösungen in der physischen wie digitalen Welt angewiesen. Diese 16% – oder fast eine Milliarde Menschen – treffen zumeist im Web und im E-Commerce im Speziellen auf Barrieren, die sie von der Teilhabe, den Zugang zu Informationen oder Funktionen teilweise oder ganz ausschließen. Das alles geschieht unter Verletzung von Menschenrechten, da die Vereinten Nationen in ihrer Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) die Menschenrechte mit speziellem Augenmerk auf die Situation von Menschen mit Behinderungen konkretisiert hat.

Barrieren im Online-Shopping sind also nicht nur moralische Verpflichtung, sondern auch ein wesentlicher betriebswirtschaftlicher Faktor. Marianne Waite, Zuständige für inklusives Design bei der Agentur Interbrand, hat die Lage gut beschrieben 2 : „Ersetzen Sie 'Kunden und Kundinnen mit Behinderung' einfach mal mit 'Kundinnen' – und es wird deutlich, wie inakzeptabel [mangelnde Barrierefreiheit] ist“.

Durch einen zugänglichen Ansatz in den eigenen Online-Shops können ihre Betreibenden auch also in neue Kundenschichten vorstoßen, damit konkret mehr Geld verdienen. Und das unter Erfüllung von gesetzlichen Vorgaben von EU und sogar den Vereinten Nationen.

Menschen mit Behinderung kaufen eher online ein als Menschen ohne Behinderung

In einer (leider) noch unveröffentlichten Studie hat die Aktion Mensch herausgefunden, dass Menschen mit Behinderungen Online-Shops häufiger nutzen, als Menschen ohne Behinderungen. Das bedeutet, dass man noch nicht mal die Anteile behinderter Menschen an der Gesamtbevölkerung nehmen kann, um auf den Anteil der Kundinnen und Kunden mit Behinderung im eigenen E-Commerce-Publikum zu kommen. Menschen mit Behinderungen sind laut der Studie sogar überdurchschnittlich häufig in Ihren Onlineshops – eine Tatsache, die eventuell vorhandene Barrieren ebendort noch tragischer machen.

Typische Absprungraten vor dem Kauf werden (wahrscheinlich) reduziert

Wenn Sie einen Online-Shop betreiben, sind Sie mit dem Konzept der „Absprungrate“ vertraut und höchstwahrscheinlich ist es eine Ihrer wichtigsten Metriken, um den Erfolg ihres E-Commerce-Vorhabens zu messen.

Neben schlechten Lieferbedingungen, zu inflexiblen Zahlungsbedingungen oder allgemeinem Vertrauensverlust können aber auch Barrieren Grund für diese Kaufabbrüche sein. Das heißt im Umkehrschluss: Wenn Sie es schaffen, Barrieren abzubauen oder ihr Entstehen schon früh zu verhindern, erhöhen Sie neben all den bereits genannten Gründen die Chance, mehr Waren oder Dienstleistungen zu verkaufen. Bietet der Weg zum Produkt keine Hürden mehr für Menschen mit Behinderungen (oder ist zumindest kompatibel mit den Standards zur Web-Barrierefreiheit), haben Sie einen der möglichen Absprunggründe im Verkaufsprozess schon mal reduziert, was sich höchstwahrscheinlich auch in Ihren Kennzahlen widerspiegeln wird.

Online-Shops sind aus Willen zur Zugänglichkeit entstanden

Wenn man sich die Geschichte des Online-Shoppings anschaut, fällt auf, dass einer der ersten Formen des E-Commerce ein Mittel der Barrierefreiheit war: Dieser BBC-Artikel berichtet von einer Großmutter aus dem britischen Gateshead, die im Mai 1984 Lebensmittel per heimischen Fernseher bestellte. Sie war Teil einer Initiative ihrer Gemeinde zur Unterstützung älterer, mobilitätseingeschränkter Menschen und nutzte eine Art Teletext auf Ihrem Fernseher. Anstelle mit ihrer damals gebrochenen Hüfte einen Supermarkt aufzusuchen, hatte sie bis zu 1000 Produkte beispielsweise von der britischen Kette „Tesco“ zur Auswahl. Und das aus dem heimischen Wohnzimmer – eine revolutionäre Art des Einkaufens, das Barrieren abbaute und seiner Zeit sehr voraus war.

Alle, die im modernen, internet-gestützen E-Commerce arbeiten, täten gut daran, sich an seine digitalen Anfänge und die Grundhaltung dahinter zu erinnern. Mit dem Kurs und der Lernplattform „E-Commerce Barrierefrei“ will ich ab 2024 versuchen, Sie bei Bau und Pflege Ihrer zugänglichen Web-Shops zu unterstützen.

Ja, ich möchte über den Start von „E-Commerce barrierefrei“ informiert werden

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