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Wenn man ehrlich ist und nicht genau hinschaut, klingen „Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit (BFIT)“ und „Bundesfachstelle Barrierefreiheit“ ziemlich ähnlich. Auch wenn man ein wenig detaillierter hinsieht, fallen einem weitere Gemeinsamkeiten beider Organisationen auf, die eine Unterscheidung noch weiter erschweren:

  • Beide Stellen haben ein vergleichbares Website-Layout.
  • Beide Körperschaften sind bei der „Knappschaft Bahn-See“ angesiedelt.
  • Beide Organisationen haben als zuständige Behörde das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
  • In beiden Selbstvorstellungen findet sich ein Bezug zum Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
  • Und nicht zuletzt übernehmen beide scheinbar Überwachungsaufgaben, definitiv aber Beratungsaufgaben in Bezug auf die digitale Barrierefreiheit

Bei allen scheinbaren Gemeinsamkeiten sind die Aufgaben der Stellen jedoch grundverschieden.

BFIT Bund

Die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit in der IT“ ist eine Organisation, die Webauftritte und digitale Infrastrukturen des Bundes auf die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen (formuliert in der BITV 2.0) überwacht. Diese Anforderungen an die Zugänglichkeit der Websites, elektronisch gestützten Verwaltungsabläufen und mobilen Applikationen des kompletten öffentlichen Sektors der EU Mitgliedsstaaten sind in Richtlinie 2016/2102 formuliert und in jeweiligen nationalen Gesetzen umgesetzt. Für den Bund ist dies entsprechend das BGG, die bereits genannte BITV ist entsprechend die Verordnung zur Umsetzung.

Update 11.7.24 (danke, Alexander Pflingstl)

Die Überwachungsstelle des Bundes leitet darüber hinaus noch den Ausschuss für Barrierefreie Informationstechnik, der wiederum einige umfangreiche Informations- und Dokumentationsaufgaben besitzt. Das führt dazu, dass die BFIT einige Publikationen bereitstehen hat, die ihr die Beratung der in der BITV formulierten Stellen erleichtern.

Die BFIT ist damit eine Stelle mit klarem Auftrag: Überwachung der digitalen Barrierefreiheit auf Bundesebene nebst Beratung der öffentlichen Stellen des Bundes (wie in den Gesetzen und Verordnungen des Bundes festgelegt).

Bundesfachstelle Barrierefreiheit

Die Mission der Bundesfachstelle Barrierefreiheit ist dagegen ungleich größer: Sie ist als Wissensstelle zum Thema Barrierefreiheit allgemein konzipiert (also nicht auf digitale beschränkt). Ihre Zielgruppe sind dabei Behörden und Verwaltungen, aber auch eine Beratung des privaten Sektors ist möglich. Die Stelle tritt in Öffentlichkeitsarbeit und Forschung auf und ist mit eigenen Expert*innen mehrheitlich mit Behinderungen im Austausch.

Die Gründung der Bundesfachstelle erfolgte 2016 mit dem Ziel, das BGG weiterzuentwickeln. Und eine andere Verbindung zu Barrierefreiheitsgesetzen gibt es auch: im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird die Bundesstelle ausdrücklich genannt: § 15 BFSG formuliert, dass die Bundesfachstelle eine Beratung von Kleinstunternehmen in Bezug auf Zugänglichkeit erbringen muss 1 . Zur Erinnerung: Kleinstunternehmen sind Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und mit entweder einem Umsatz von höchstens 2 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme des gleichen Betrags. Diese sind eigentlich vom BFSG ausgenommen, aber dennoch angehalten, Barrierefreiheitsanforderungen zu erfüllen – und die Bundesfachstelle soll als beratende Einheit für sie zur Verfügung stehen.

Zusammengefasst hat die Bundesstelle somit keine Überwachungsaufgaben, kontrolliert keine Einhaltung von Gesetzen und Regelungen zur digitalen Zugänglichkeit – ist aber vielmehr als Wissens-Hub zum Thema „Barrierefreiheit“ allgemein angelegt.

Fazit

Keine der genannten Behörden ist zudem für die Überwachung des BFSG zuständig. Als Kontrollinstanzen für Barrierefreiheits- und Informationsvorschriften sind hier von den Schöpfer*innen des BFSG so genannte Marktüberwachungsbehörden vorgesehen. Diese Stellen werden vermutlich in bereits bestehenden Strukturen der Produktsicherheit und – wie in Hessen – Barrierefreiheits-Kompetenzzentren zu untergebracht werden. Sicher ist jedoch bereits jetzt, dass weder BFIT noch die Bundesfachstelle BFSG-Überwachungsaufgaben vornehmen werden. Dennoch lohnt es sich, die Entwicklung und Veröffentlichungen beider Organisationen eng zu verfolgen. Im Falle der BFIT, weil die Behörde bereits Erfahrungen mit einer Überwachung von Webauftritten im großen Maßstab hat – und bei der Bundesstelle, weil sie einen Beratungsauftrag hat und sich sogar ausdrücklich mit dem Thema „E-Commerce und Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“ auseinandersetzt.