Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und der Begriff „E-Commerce“

Auch wenn der Teilbereich, um den es sich bei dieser Seite dreht, hier und an anderen Stellen etwas verkürzt als „E-Commerce“ bezeichnet wird, so ist die Bezeichnung im Gesetz doch „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr, die für Verbraucher erbracht werden“ 1 . Diese bewusst juristisch-unscharf gehaltene Formulierung sagt uns einerseits, dass das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ein Gesetz zum Schutz der Verbraucher*innen in der EU ist, zum anderen, dass es ganz allgemein um auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen geht.

Ich kann das Verengen auf dem Begriff „E-Commerce“ oder „Online-Shopping“ aber durchaus nachvollziehen. Üblicherweise kann man sich etwas unter dem Begriff vorstellen und vor allem grenzt es von den anderen Teilbereichen ab, die ebenfalls vom behandelt werden. Und genau deswegen geht es bei diesem Projekt nicht um die Zugänglichkeit von Online-Banking-Oberflächen oder die Barrierefreiheit von Selbstbedienungsterminals/Kiosks. Obwohl beides Aspekte sind, die im BFSG und der zugrundeliegenden EU-Richtlinie 2019/882 ebenfalls behandelt werden, in sich ebenfalls spannende Themen darstellen und auf die viele Best Practices in Sachen „zugängliche Webinhalte“ anwendbar sind.

Nun ist die genaue Definition von „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ zwar einerseits eine abstrakte (die vermutlich viele Rechtsabteilungen in betroffenen Unternehmen und Marktüberwachungsbehörden beschäftigen wird). Und ich bin auch kein Jurist, kann und darf deswegen keine rechtlichen Ratschläge geben. Andererseits versucht aber auch das Gesetz in Paragraph 2, Nummer 26 2 auch eine Hilfestellung beim Verständnis dieses Ausdrucks zu geben:

Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden.

Dieser Auszug bringt zum einen neue, rechtlich zu definierende Begriffe mit sich („Telemedien“), erklärt aber, dass wir beim E-Commerce im Sinne des Gesetzes ganz allgemein von Vertragsschlüssen gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern reden können.

Und das eröffnet wiederum eine weitere Definition von „Verkauf von Dingen online“: Während man zunächst vielleicht an große Online-Shops wie IKEA, H&M, Zalando und Co. denkt, muss man elektronische Vertragsabschlüsse aus einer Vogelperspektive sehen. Nämlich als „Orte“, wo man nicht nur Verbraucher*in ist, sondern auch rechtlich bindende Vereinbarungen eingeht: Sei es ein Vertrag zu einem bestimmten Zugang oder Dienstleistung (z. B. Konzert, Kino, Arztbesuch oder Hotelbuchungen), die Lizenzierung von elektronischen Werken (z. B. Musik oder E-Books) von oder den Kaufvertrag zu einer bestimmten Ware (z. B. T-Shirts). All das wird ab 2025 von Unternehmen, die nicht als die Kleinstunternehmer gelten, zugänglich zu machen sein.

Und damit hat die Nennung von „E-Commerce“ (bzw. Verbraucher-Vertragsabschlüssen via Telemedien) im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz meines Erachtens nach eine riesige juristische Sprengkraft, die eventuell nicht allen Beteiligten und Betroffenen so ganz bewusst ist. Unabhängig davon ist die Regulierung zumindest des digitalen Sektors ein großer Schritt für die Inklusion und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.

Ja, ich möchte über den Start von „E-Commerce barrierefrei“ informiert werden

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